09.09.2025

Politikberatung zwischen Erkenntnis und Umsetzung

ESB Business School feiert 100 Jahre List-Gesellschaft

Im dritten Panel diskutierten Michael Donth (MdB), Prof. Dr. Regina Riphahn und Dr. Hans-Peter Klös, wie Forschung verständlich aufbereitet werden muss, damit sie in politische Entscheidungen einfließen kann.

Wissenschaftliche Erkenntnisse finden nicht immer den direkten Weg in politische Entscheidungen. Genau darum ging es beim 100. Jubiläum der List-Gesellschaft an der ESB Business School der Hochschule Reutlingen. Zwei Tage lang diskutierten renommierte Forscherinnen und Forscher gemeinsam mit politischen Entscheidungstragenden über Chancen und Grenzen moderner Politikberatung. Die Tagung knüpfte damit an die Tradition von Friedrich List an, der schon im 19. Jahrhundert auf eine praktische, politische Ökonomie hinarbeitete.

In sechs Panels diskutierten renommierte Ökonominnen und Ökonomen wie Prof. Dr. Andreas Polk (HWR Berlin), Regina Riphahn (FAU Nürnberg), Justus Haucap (Universität Düsseldorf), Katharina Spieß (DIW Berlin), Nils Goldschmidt (Weltethos-Institut) und Dieter Boockmann (IAW Tübingen) mit politischen Entscheidungstragenden wie dem Bundestagsabgeordneten Michael Donth (CDU) und dem früheren FDP-Abgeordneten Stephan Seiter. Auch Vertreterinnen und Vertreter von Kammern, Verbänden und Stiftungen brachten ihre Perspektiven ein.

Die Debatten machten deutlich: Politikberatung bewegt sich im Spannungsfeld zwischen wissenschaftlicher Analyse, politischer Machbarkeit und öffentlicher Vermittlung. Thematisiert wurden unter anderem die normative Rolle der Volkswirtschaftslehre, Datenlücken in der empirischen Forschung, die besonderen Hürden langfristiger Bildungspolitik und die Verantwortung von Medien, ökonomische Inhalte verständlich zu transportieren.

Ein zentrales Fazit lautete, dass Politikberatung ihre Wirkung nur dann entfalten kann, wenn sie für Politik und Gesellschaft gleichermaßen verständlich bleibt. „Politikberatung scheitert nicht am Fehlen von Erkenntnis, sondern an der Umsetzung“, betonte die Tübinger Professorin Sabine Döring. Damit wurde eine Kernbotschaft der Tagung auf den Punkt gebracht: Wissenschaftliche Expertise braucht klare Sprache, Transparenz und Anschlussfähigkeit, um politische Entscheidungen wirksam zu unterstützen.

Beim Empfang in der IHK Reutlingen erinnerte List-Forscher Eugen Wendler an die Verdienste der Gesellschaft. Die Jubiläumstagung zeigte, dass der Auftrag Friedrich Lists, den Austausch von Forschung und Praxis zu fördern, auch nach 100 Jahren nichts an Relevanz verloren hat.