Forschungsdatenmanagement
Was ist Forschungsdatenmanagement (FDM)?
Ein verantwortungsvoller, transparenter und fachspezifisch adäquater Umgang mit Forschungsdaten ist ein zentraler Bestandteil qualitätsorientierter Forschung und guter wissenschaftlicher Praxis.
Forschungsdatenmanagement (FDM) umfasst alle strukturierten Maßnahmen zur Planung, Generierung, Analyse, Dokumentation, Speicherung, Veröffentlichung und Archivierung sowie Nachnutzung von Forschungsdaten.
Ziel der FDM-Maßnahmen ist es, die Forschungsdaten gemäß der FAIR-Prinzipien langfristig und personenunabhängig auffindbar (findable), zugänglich (accessible), interoperabel (interoperable) und wiederverwendbar (reuseable) zu machen und zu halten.
Bei der Umsetzung des FDMs hilft die Orientierung am Forschungsdatenlebenszyklus. Dieser zeigt auf, welche FDM-Maßnahmen in den einzelnen Zyklusphasen umgesetzt werden können.
Forschungsprozesse und Forschungsdaten sowie die Anforderungen an diese sind stark disziplinspezifisch geprägt. Folglich unterscheiden sich auch die Maßnahmen und Methoden des Forschungsdatenmanagement je nach Disziplin. Zudem existieren für die einzelnen Disziplinen oft eigene Standards oder Empfehlungen für den Umgang mit Forschungsdaten.
Die Vielfalt wissenschaftlicher Disziplinen, Forschungsmethoden und Erkenntnisinteressen führt zu einer Vielfalt von Verständnissen und Definitionen von Forschungsdaten.
Allgemein können Forschungsdaten definiert werden als alle Daten, die im Laufe des wissenschaftlichen Arbeitsprozesses entstehen, bearbeitet oder genutzt werden und als Grundlage für Forschungsergebnisse dienen und/oder Forschungsergebnisse sind.
Für die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) zählen zu Forschungsdaten „u.a. Messdaten, Laborwerte, audiovisuelle Informationen, Texte, Surveydaten oder Beobachtungsdaten, methodische Testverfahren sowie Fragebögen. Korpora, Software und Simulationen können ebenfalls zentrale Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung darstellen und werden daher ebenfalls unter den Begriff Forschungsdaten gefasst.“
Die sog. FAIR-Prinzipien formulieren Leitlinien bzw. Anforderungen für den Umgang mit Forschungsdaten. Ziel der FAIR-Prinzipien ist die optimale Aufbereitung von Forschungsdaten für Mensch und Maschine. Forschungsdaten sollen demnach findable (auffindbar), accessible (zugänglich), interoperable (interoperabel) und reuseable (wiederverwendbar) sein.
Die FAIR-Prinzipien wurden erstmals 2016 als FAIR Guiding Principles for Scientific Data Management and Stewardship veröffentlicht und finden u.a. Erwähnung in den Leitlinien zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) (explizit in Leitlinie 13: Herstellung von öffentlichem Zugang zu Forschungsergebnissen), in der Selbst- und Strategiebeschreibung der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) sowie im Handbuch der European Open Science Cloud (EOSC).
Ein Forschungsdatenlebenszyklus versucht alle Phasen des Forschungsprozesses idealtypisch abzubilden: von der Planung des Forschungsvorhabens über die Generierung und Speicherung bis zur Veröffentlichung und Nachnutzung von Forschungsdaten.
Die Orientierung am Forschungsdatenlebenszyklus hilft bei der Umsetzung des Forschungsdatenmanagement. In den einzelnen Zyklusphasen können FDM-Maßnahmen umgesetzt werden, um die Forschungsdaten FAIR (Link) zu machen.
Forschungsvorhaben planen und beantragen
Die Planung und Antragstellung des Forschungsvorhabens kann unter anderem folgende Schritte umfassen: die Recherche bereits existierender Forschungsdaten, die Präregistrierung des Forschungsvorhabens, die Antragstellung, die Erstellung eines Datenmanagementplans (DMP).
Wichtige FDM-Themen in dieser Zyklusphase sind:
- Recherche von bereits existierenden Forschungsdaten
- FDM-Anforderungen und -Fördermöglichkeiten von Förderorganisationen
- Erstellung eines Datenmanagementplans (DMP) und entsprechende Tools (z.B. RDMO) und Vorlagen (z.B. DFG-Checkliste für Antragstellende zur Planung und zur Beschreibung des Umgangs mit Forschungsdaten in Forschungsvorhabe)
Daten generieren und analysieren
Die Erhebung, Aufbereitung und Analyse von Forschungsdaten kann unter anderem folgende Schritte umfassen: die Nachnutzung bereits existierender Forschungsdaten, die Durchführung von Erhebungen, Messungen, Experimenten und Simulationen, die Datenauswertung z.B. anhand von Software, das Transkribieren und die Pseudonymisierung/Anonymisierung von Forschungsdaten sowie die Prüfung, Bereinigung und das Konvertieren von Forschungsdaten. Zudem sind Metadaten zur Beschreibung der Forschungsdaten zu erfassen.
Wichtige FDM-Themen in dieser Zyklusphase sind:
- Datenorganisation (u.a. Ordnerstruktur, Dateinamenskonventionen)
- Dokumentation und entsprechende Tools (z.B. Electronic Lab Notebook (ELN))
- Metadaten (Suche über z.B. Metadata Standards Catalog)
Daten speichern und teilen
Wichtige FDM-Themen in dieser Zyklusphase sind:
- Speicherung (u.a. Versionierung, Backups, Verschlüsselung, Passwortschutz)
- Dokumentation und entsprechende Tools (z.B. Electronic Lab Notebook (ELN))
- Speicherorte: z.B. lokal, BW-Landesdienste für die Speicherung (SDS@hei. Scientific Data Storage) und das Teilen (bwSync&Share) von Forschungsdaten (hot data)
Daten publizieren
Die Publikation von Forschungsdaten kann unter anderem folgende Schritte umfassen: das Sicherstellen der Sichtbarkeit und offenen Zugänglichkeit von Forschungsdaten (z.B. durch die Veröffentlichung in einem Repositorium) und der langfristigen Zitierfähigkeit von Forschungsdaten (z.B. durch die Vergabe eines persistenten Identifikators, bspw. Digital Object Identifier (DOI)) sowie die Festlegung von Zugriffsrechten und Nachnutzungsbedingungen (z.B. durch die Vergabe von offenen Standardlizenzen, bspw. Creative-Commons-Lizenzen).
Wichtige FDM-Themen in dieser Zyklusphase sind:
- Datenorganisation
- Dokumentation und entsprechende Tools (z.B. Electronic Lab Notebook (ELN))
- Metadaten (Suche über z.B. Metadata Standards Catalog)
- Lizenzen (z.B. Creative-Commons-Lizenzen)
- Persistente Identifikation (z.B. Digital Object Identifier (DOI))
- Repositorien (Suche über z.B. Registry of Research Data Repositories (re3data))
- Datenjournale
Daten archivieren
Die Archivierung von Forschungsdaten kann unter anderem folgende Schritte umfassen: das Migrieren von Forschungsdaten auf geeignete Medien und Formate sowie eventuell die Planung einer Langzeitarchivierung von Forschungsdaten.
Wichtige FDM-Themen in dieser Zyklusphase sind:
- Datenformate
- Dokumentation und entsprechende Tools (z.B. Electronic Lab Notebook (ELN))
- BW-Landesdienst für die Archivierung (bwDataArchiv) von Forschungsdaten (cold data)
Daten nachnutzen
Die Nachnutzung von Forschungsdaten kann unter anderem folgende Aspekte umfassen: die Recherche und Prüfung bereits existierender Forschungsdaten, die Nachnutzung von Forschungsdaten (unter Berücksichtigung der Nachnutzungsbedingungen) sowie das korrekte Zitieren von Forschungsdaten.
Wichtige FDM-Themen in dieser Zyklusphase sind:
- Recherche von bereits existierenden Forschungsdaten
- Datenzitation
Phasenübergreifend sind ethische und urheber-, datenschutz-, patent- und lizenzrechtliche Fragen zu berücksichtigen. Die Hochschule Reutlingen war Partner (LINK) im Verbundprojekt FORTH-BW: Entwicklung und Implementierung eines bedarfsgerechten Forschungsdatenmanagements an HAW in Baden-Württemberg. Alle im Rahmen des FORTH-BW-Verbundprojekts erarbeiteten Materialien (u.a. Handreichungen zu ethischen und rechtlichen Fragen des FDMs) sind in der Zenodo-Community des Projekts zu finden.
Ein Datenmanagementplan (DMP) ist ein Leitfaden für den strukturierten und FAIRen (LINK) Umgang mit Forschungsdaten während und nach der Forschungsprojektlaufzeit.
Ein DMP kann dabei unterstützen, die im Forschungsdatenmanagement anfallenden Maßnahmen zur Planung, Generierung, Analyse, Dokumentation, Speicherung, Veröffentlichung und Archivierung sowie Nachnutzung von Forschungsdaten von Beginn an mitzudenken und zu dokumentieren. Er umfasst folglich eine detaillierte Beschreibung des Lebenszyklus von Forschungsdaten.
Folgende Aspekte sind gemäß der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) bei der Erstellung eines DMPs zu berücksichtigen:
- Datenbeschreibung (u.a. Wiederverwendung existierender Daten, Datenformate, Datenvolumen)
- Dokumentation und Datenqualität (u.a. Metadaten, Ontologien, Qualitätskontrollen)
- Speicherung und technische Sicherung während des Projektverlaufs (u.a. Zugriffs- und Nutzungsverwaltung)
- Rechtliche Verpflichtungen und Rahmenbedingungen (u.a. nutzungs- und urheberrechtliche Aspekte)
- Datenaustausch und dauerhafte Zugänglichkeit der Daten (u.a. Wiederverwendbarkeit der Daten, Auswahl von Daten zur Wiederverwendung, Archivierung, Sperrfristen)
- Verantwortlichkeiten und Ressourcen (u.a. Rollen und Verantwortlichkeiten, finanzielle und personelle Ressourcen)
Es ist sinnvoll, einen DMP bereits in der Planungsphase Ihres Forschungsvorhabens und gemeinsam mit Ihren Projektpartner:innen zu erstellen und diesen während des Forschungsprozesses kontinuierlich anzupassen und zu ergänzen. Förderorganisationen integrieren zunehmend Vorgaben für das Forschungsdatenmanagement in ihre Förderrichtlinien, so zum Beispiel die Erstellung eines DMPs.
Es gibt eine Vielzahl von Checklisten, Templates und Tools, die bei der Erstellung eines DMP unterstützen können. Hier eine Auswahl:
- Checklisten und Templates
- Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat eine Checkliste sowie fachspezifische Empfehlungen zum Umgang mit Forschungsdaten erarbeitet.
- Die Europäische Kommission hat für das Förderprogramm Horizon Europe (2021-2027) eine DMP-Vorlage erstellt. Das DMP Use Case Project von OpenAIRE Austria hat 841 öffentlich zugängliche Horizon-2020-DMP gesammelt.
- Das Digital Curation Centre (DCC) hat eine DMP-Checkliste sowie einen DMP-Leitfaden veröffentlicht.
- Hier findet sich eine DMP-Checkliste von Science Europe.
- Die Humboldt-Universität zu Berlin hat Muster-Datenmanagementpläne für unterschiedliche Forschungsförderer erstellt.
- Tools
- Research Data Management Organiser (RDMO): Der RDMO wurde im Rahmen von DFG-Projekten (Projektphase 1: 2015-2017; Projektphase 2: 2017-2020) vom Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP), dem Fachbereich Informationswissenschaften der Fachhochschule Potsdam und der Bibliothek des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) entwickelt, ab 2020 in eine von einer Community getragene Arbeitsgemeinschaft überführt und hat sich 2024 als gemeinnütziger Verein konstituiert. Der RDMO verfügt über frei konfigurierbare Fragenkataloge sowie über an die Anforderungen einiger Forschungsförderer angepasste Fragenkataloge (unter anderem DFG). Der RDMO ist in deutscher und englischer Sprache verfügbar. Hier findet sich der generische RDMO-Fragenkatalog als eine Art Checkliste. Unter dem Dach von forschungsdaten.info können Sie sich für die Benutzung des RDMO mit Ihrer ORCID iD hier registrieren: https://rdmo.forschungsdaten.info/.
- argos: argos wird durch OpenAIRE betrieben, ist in englischer Sprache verfügbar und stellt eine Vielzahl von Templates von EU-Förderorganisationen zur Verfügung
Wir empfehlen für die Erstellung eines DMPs die webbasierte Open-Source-Software RDMO. Gerne unterstützen wir Sie bei der Erstellung eines DMPs.
Forschungsdatenmanagement bietet unter anderem folgende Vorteile:
- Umsetzung guter wissenschaftlicher Praxis: Forschungsdatenmanagement ist wesentlicher Bestandteil guter wissenschaftlicher Praxis. Hierzu zählen unter anderen die Dokumentation (Leitlinie 12), die Herstellung von öffentlichem Zugang zu Forschungsergebnissen und zugrunde liegenden Forschungsdaten (Leitlinie 13) sowie die Archivierung (Leitlinie 17).
- Erfüllung von Anforderungen der Förderorganisationen: Zunehmend formulieren Förderorganisationen Leitlinien für den Umgang mit Forschungsdaten und integrieren Anforderungen an das Forschungsdatenmanagement in ihre Förderrichtlinien. Vermehrt wird beispielsweise die Erstellung und Einreichung eines Datenmanagementplans (DMP) empfohlen bzw. gefordert.
- Erhöhung der Sichtbarkeit von Forschungsergebnissen: Durch die Veröffentlichung von Forschungsergebnissen zugrunde liegenden Forschungsdaten in Repositorien oder/und Datenjournalen werden diese sichtbar und eigenständig zitierbar. Dadurch wird auch die Relevanz der Forschungsleistung erhöht.
- Förderung von Nachnutzbarkeit: Unter anderem die systematische Organisation und Beschreibung der Forschungsdaten mit Metadaten, die Verwendung offener und standardisierter Datenformate sowie die Veröffentlichung von Forschungsdaten in Repositorien fördern die langfristige Zugänglichkeit, Nachvollzieh- und Nachnutzbarkeit von Forschungsdaten. Dadurch wird auch der Mitteleinsatz optimiert, da Forschungsdaten nachgenutzt werden können und nicht neu generiert werden müssen.
- Schutz vor Datenverlust: Die systematische Organisation, Dokumentation und Speicherung von Forschungsdaten erleichtern – im Besonderen in der ortsunabhängigen Zusammenarbeit in Projekten und Kooperationen – die Auffindbarkeit von Daten und schützen vor Datenverlust.
- Gewährleistung von Rechtssicherheit: Forschungsdatenmanagement hilft dabei, urheber-, datenschutz-, patent- und lizenzrechtliche Fragen im Forschungsvorhaben von Beginn an zu berücksichtigen und sensible personenbezogene Daten vor ungewolltem Zugriff zu schützen.
Richtlinien & Empfehlungen
Forschungsdatenmanagement ist ein zentraler Aspekt guter wissenschaftlicher Praxis. Daher gibt es Richtlinien und Empfehlungen zum Umgang mit Forschungsdaten von unterschiedlichen Akteuren und mit unterschiedlicher Verbindlichkeit.
Netzwerke & Initiativen
Es existiert eine Vielzahl von Strukturen, Angeboten und Initiativen zum Thema Forschungsdatenmanagement. Bei den nachfolgenden Informationen handelt es sich um eine Auswahl.
Regional
National
International
Kontakt & Beratung

Forschungsdatenmanagement wird an der Hochschule Reutlingen einrichtungsübergreifend durch die Hochschulbibliothek, das Rechen- und Medienzentrum (RMZ) und das Reutlingen Research Institute (RRI) unterstützt.
Gerne beraten wir Sie u.a. bei den folgenden FDM-Themen:
- FDM-Anforderungen von Förderorganisationen
- Datenmanagementplanung
- Recherche von Forschungsdaten
- Speicherung von Forschungsdaten
- Veröffentlichung von Forschungsdaten
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